Projekt Forum Romanum
Was lange währt wird endlich gut: ein Projekt der Erlanger Antikensammlung
Das im WS 2004/2005 durch Dr. Martin Boss im Rahmen seiner Übung "Modellbau antiker Objekte" initiierte Projekt "Forum Romanum - Im Zentrum der Macht" hatte ursprünglich das Ziel, die bauliche Entwicklung dieses bedeutendsten Platzes der römischen Welt anhand von Modellen zu veranschaulichen und auch begreifbar zu machen. Das Projekt erfährt momentan unter der Federführung von Robert Nawracala M. A. und Bernhard Steinmann M. A. seine Vollendung. Am Modell sollen die beiden Bauphasen des Forums gezeigt werden, in denen einschneidende Veränderungen am Platz vorgenommen wurden und für die die Quellenlage auch ausreichend genug ist, um eine Rekonstruktion zu wagen. Es ist dies zum einen die Zeit der späten Republik, genau genommen der Zeitraum nach Sullas Tod 78-52 v. Chr., und zum anderen der Zustand nach dem Tode des Augustus 14 n. Chr.. An beiden Modellen wird ablesbar, wie sehr sich die einzelnen Bauten architektonisch wandeln, zudem erkennt man deutlich die tief greifenden Einschnitte im Gesamtkonzept des Platzes unter Caesar und Augustus. In der Forschung war diese Umgestaltung schon des Öfteren ein Thema, doch ist die Veränderung anhand eines Modells leichter zu veranschaulichen als an zwei vergleichend gegenübergestellten Grundrissplänen. Gerade dem breiten Publikum, aber auch dem Studenten der Archäologie soll dieser Teil der Geschichte des Forum Romanum plastisch vor Augen geführt werden.
Die Modelle, beide im Maßstab 1:200, konzentrieren sich in ihrem Aufbau ganz auf den Platz selbst und das umgebende Gebäudeensemble. Die nähere Umgebung wurde in den Rekonstruktionen gar nicht berücksichtigt oder nur angedeutet, nicht zuletzt auch deshalb, weil der archäologische Befund für unseren Zeitraum dort nur sehr mager ist. Die Topographie wurde nur grob wiedergegeben, weil der Fokus unseres Interesses auf der Platzentwicklung und nicht auf dem Gelände lag.
Die einzelnen Gebäude wurden im Rahmen des Modellbaukurses von Studierenden des Faches Klassische Archäologie, aber auch von zeitweise in der Sammlung tätigen Praktikanten angefertigt. Als Materialien verwendeten wir nur natürliche Rohstoffe wie Holz (Sperrholzplatten, Holzleisten und Rundstäbe in Nuss, Birke, Buche, Pappel und Kiefer), Kupfer (für bewegliche Türflügel und Fenster) oder Glas (Fenster der Curia Iulia). Auf Kunststoffe, Farben oder ähnliches haben wir verzichtet. Alle Gebäude sind in Handarbeit entstanden, hier waren die wichtigsten Werkzeuge Goldschmiedesägen, Laubsägen, Feilen und Schleifpapier. Der Einsatz von Maschinen beschränkte sich nur auf Bohrmaschine und Stichsäge, ohne die z. B. die Topographie ungleich schwieriger zu erstellen gewesen wäre.
Für die Gebäude selbst lag uns als Hauptinformationsquelle, neben mehreren Besichtigungen vor Ort, die reichhaltige Literatur dazu vor. Allerdings ist der Publikations- und Forschungsstand nicht bei allen Bauten gleich gut, was natürlich bei einem Rekonstruktionsversuch Probleme mit sich bringt. Viele Gebäude, gerade die spätrepublikanischen, sind uns in ihrem Aussehen völlig unbekannt, da sie entweder in späteren Zeiten gründlich abgetragen oder noch nicht ausgegraben wurden. Daher sahen wir uns gezwungen, gelegentlich auf einen allgemeinen Gebäudetyp zurückzugreifen, da vielerorts eine Rekonstruktion aufgrund fehlender archäologischer Befunde nicht möglich war. Deren Gestaltung richtete sich entweder nach anderen Bauten aus römischer Zeit oder besser bekannten Nachfolgebauten. Um unsere Zielsetzung, die Entwicklung des Platzes zu verdeutlichen, schien uns dieser Weg geeigneter als nur literarisch bekannte Bauten einfach wegzulassen. Die Gebäude sind alle von der topographischen Grundplatte abnehmbar, so dass im Falle neuerer Forschungsergebnisse oder Grabungsbefunde es sehr einfach ist, fehlerhafte Rekonstruktionen zu revidieren. Auf diese Weise ist möglich, die Modelle ständig auf dem aktuellsten Stand der Forschung zu halten.
Beide Modelle konnten mittlerweile vollendet werden: Das augusteische Forum wurde bereits Ende 2007 fertig gestellt, das republikanische folgte im April 2008. Um auch einer breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, die Fortschritte an den Arbeiten mitzuerleben, konnten schon ab Frühjahr 2007 die unvollendeten Modelle im Museum besichtigt werden. So war es dem Besucher möglich, bei jedem erneuten Besuch an den Modellen Neues zu entdecken. Auch wurden Führungen zum Thema Forum Romanum angeboten, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Im Stadtmuseum Erlangen konnten bei der Finissage zur Ausstellung "Ausgepackt" am 29. 07. 2007 Besucher sogar bei der Entstehung eines Gebäudes, des Tabulariums, zusehen.
Zur Zeit können die Modelle noch auf unbestimmte Zeit im Rahmen der Sonderausstellung "Im Zentrum der Macht – Das Forum Romanum im Modell" in der Antikensammlung Erlangen besichtigt werden. Zahlreiche Texttafeln und Übersichtspläne führten den Besucher über den Platz und erklärten die Bedeutung einzelner Bauten. Das Hauptaugenmerk lag jedoch auf der Entwicklung des Forums und der Veranschaulichung seines Bedeutungswandels. Anhand der beiden unterschiedlichen Modelle sind gerade die Veränderungen, die Caesar und Augustus am Platz vornahmen, für jeden schnell erfassbar.
Text: Robert Nawracala M. A. und Bernhard Steinmann M. A. Fotos: Georg Pöhlein M. A.
Unser Modell des Forum Romanum bewährt sich außerhalb Erlangens
Am 13. Juni, anläßlich der Langen Nacht der Wissenschaften in Berlin 2009, machten sich die beiden Erlanger Holzmodelle des Forum Romanum auf den beschwerlichen Weg zum Deutschen Archäologischen Institut in der Bundeshauptstadt.
In Verbindung mit den Modellen wurde auch die begleitende Texttafelausstellung exportiert und gezeigt. Wie im Vorfeld angekündigt, erfolgten stündlich Führungen zum Thema, die eine große Anzahl an Besuchern in ihren Bann zogen. Zusammen mit Herrn Prof. Freyberger, dem wissenschaftlichen Direktor des DAI Rom -der sich erneut begeistert über die Modelle zeigte- entführte Dr. Martin Boss die Zuschauer und Zuhörer auf diese wichtige Platzanlage im Herzen Roms. Neben der Bedeutung "sprechender Architektur" flossen dabei die neuesten Grabungs- und Auswertungsergebnisse von Herrn Prof. Freyberger mit in die Führungen ein. Im zweistündigen Wechsel stellten sich weiterhin Bernhard Steinmann und Robert Nawracala den zahlreichen Anfragen des nicht abreißenden Besucherstroms.
Nicht immer einfach zu bewerkstelligen, etwa bei Fragen wie "war Caesar nun gut oder schlecht?" konnte der Wissensdurst der Berliner doch weitgehend gestillt werden.
Publikumsreaktionen, wie die eines Besuchers, der erstaunt erklärte, er habe in dieser halbstündigen Führung mehr über das Forum erfahren, als in allen Rombesuchen vorher, zeigten deutlich die gelungene Vermittlung der archäologischen Informationen und der geäußerten Interpretations- und Denkanstöße. Parallel dazu erfreuten sich gerade bei den jüngeren Teilnehmern die kostenlosen Papierbausätze des Limes-Turms größter Beliebtheit, so daß die hundert Exemplare zügig "verbaut" waren. Alles in allem bestanden Modell, Ausstellung und Führungen den Einsatz außerhalb der Antikensammlung Erlangen mit Bravour.
Daß besonders unsere Modelle als Höhepunkt der Veranstaltungen im DAI galten, wurde spätestens über die Auswertung der Besucherumfragen ziemlich deutlich. Um Berlin noch etwas länger den Genuß der schönen Modelle zu ermöglichen, werden diese mit der begleitenden Ausstellung noch bis August in der Gipsabgußsammlung in Charlottenburg zu sehen sein.
Die Grand Tour unserer Modelle des Forum Romanum
Nach den anfänglichen Erfolgen bei der Langen Nacht der Wissenschaften in Berlin, befinden sich die Erlanger Modelle nun in der Gipsabgußsammlung der Freien Universität Berlin. Trotz Winckelmanncup in Bamberg erschienen zahlreiche Besucher zu der feierlichen Eröffnung der Ausstellung am 10. Juli 2009. Die knapp 60 Besucher wurden durch die zwei Hauptredner, Herrn Dr. Lorenz Winkler-Horaček, den zuständigen Kustos der Abgußsammlung Berlin, und Herrn Dr. Martin Boss, der zusammen mit den beiden Machern der Ausstellung Robert Nawracala und Bernhard Steinmann extra zu diesem Anlaß nach Berlin angereist war, begrüßt und kurz in die Grundthematik der Modelle eingeführt. Martin Boss, unser "geistiger Vater" der Modellbauära in Erlangen, beschränkte sich dabei nicht nur auf Forschung und Archäologie, sondern versuchte vor allem den Inhalt der Architektur zu vermitteln, in seinen Worten das: "Sprechen der Architektur zu dem antiken wie modernen Betrachter".
Dem sichtlich interessierten Publikum standen später alle Beteiligten bei einem Glas Wein für weitere Fragen zur Verfügung, eine Chance, die von vielen gerne genutzt wurde.
Bis zum 30. August werden unsere Modelle in Berlin bleiben und sind dort, in der Schloßstraße 69b, von Do.- So. jeweils von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr zu besichtigen.
Weitere Informationen zur Abgußsammlung finden sich unter: http://www.abguss-sammlung-berlin.de


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Martin Boss
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aktualisiert am 25. November 2016 um 09:55 Uhr
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